Schonende Parodontalbehandlung

Ein Update für die tägliche Praxis

Handinstrument oder Ultraschallscaler? Das ist die Gretchenfrage für das Scaling und Root Planing. In unserer Praxis arbeiten wir mit ei-nem Ultraschallscaler, der Konkremente entdeckt und entfernt. Pati-enten empfinden die Behandlung als schmerzärmer.

Mit einem Parodontalabszess am Zahn 38 stellte sich ein 42 Jahre alter männlicher Patient vor einem halben Jahr bei uns in der Praxis vor. Der erste Befund ergab einen parodontalen Screening Index (PSI) von 4. Im Rahmen der Anamnese gab der Patient an, bereits zwei Parodontitis-Behandlungen bekommen zu haben. Gegen die Zahnfleischentzündungen und die beginnende Zahnlockerung hatten diese allerdings nicht geholfen. Des Weiteren fiel auf, dass eine starke Blutungsneigung aus den Taschen auftrat.

Deshalb lautete meine Diagnose: therapieresistente chronische Parodontitis (PA). Den Zahn 38 musste ich aufgrund des fast vollständigen Knochenabbaus ent-fernen (s. Röntgenbildaufnahme 2010). Im Verlauf der PA-Vorbehandlungsphase sowie der antiinfektiösen Therapie konnten der Bleeding on Probing Index (BOP) und der Approximal-Plaque-Index (API; nach Lange 1975) deutlich verbessert werden. Nach meiner Empfehlung, das Rauchen zu unterlassen, reduzierte der Patient seinen Konsum immerhin auf eine Zigarette am Abend – zuvor waren es rund 20 Zigaretten täglich.

Starker Befall mit Anaerobiern

Aufgrund der Diagnose „therapieresistente chronische Parodontitis“ prüften wir mittels eines mikrobiologischen Tests auf parodontopathogene Markerkeime. Die Analyse ergab einen starken Befall mit verschiedenen Anaerobiern, weshalb wir uns entschlossen, begleitend zum Scaling und Root Planing, ein Antibiotikum einzuset-zen. Aufgrund der Testergebnisse entschieden wir auch, dass ein besonders sorgfältiges Zerstören des pathogenen Biofilms von Nöten ist und der Recall engmaschiger zu erfolgen hat.

Für das Scaling und Root Planing stellt sich immer die Gretchenfrage: Mit Handinstrumenten oder Ultraschallscalern? Laut einer Stellung-nahme der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie (DGP) von Petersilka und Flemmig aus dem Jahr 2002 ergibt die Kombination von Hand- und Ultraschallinstrumenten kein besseres Ergebnis. Drei Jahre später postulierte die DGP, dass Handinstrumente und Schall- bzw. Ultraschallscaler als gleich gut bewertet werden können.

Akustisches und optisches Signal bei Konkrementen

Für das Scaling und Root Planing verwenden wir überwiegend PerioScan , einen Ultraschallscaler der Firma Sirona, der mit einer Frequenz von 27 bis 32 kHz und kontrollierten, linearen Schwingun-gen arbeitet. Das empfinden die Patienten als schmerzärmer – und auch angenehmer im Vergleich zum üblichen Geräusch beim Zahn-steinentfernen. Das primär geschlossene Vorgehen ist für die Patien-ten aufgrund der geringeren Schmerzen auch mit weniger Arbeitsausfall verbunden. Der Zahnarzt hat einen Zeitvorteil und kann, da er ja nicht von Hand kürettieren muss, nahezu ermüdungsfrei arbeiten. Das Schleifen der Handinstrumente entfällt ebenso. Zusätzlich bekommen Anwender ein Tool zur Patienten-kommunikation zur Hand – auf dem Display des PerioScan können sie ihren Patienten zeigen, was im Mund passiert.

Um Konkremente zu entdecken und zu entfernen, verwendet man die von Sirona für das PerioScan entwickelte Spitze 4PS. Der Ultraschallscaler meldet mit einem akustischen und optischen Signal das Vorhandensein von Konkrementen und man kann sich so man-ches Mal den Einsatz der 3A-Handsonde sparen. Die Spitze 4PS kann zur Therapie eingesetzt werden, etwa zur Zerstörung des Biofilms oder Entfernung der Konkremente, sowie zur Detektion der subgingivalen Beläge – mit bis zu 91-prozentiger Genauigkeit.

Biologisch akzeptable Wurzeloberfläche

Unter anderem stehen links- und rechtsgebogene Spitzen, sowie eine besonders feine Spitze mit Tiefenmarkierung zur Verfügung um auch in Furkationsbereichen gut arbeiten zu können. Beachtet man einen Anstellwinkel von nahezu Null, sollte man in der Lage sein, eine bio-logisch akzeptable Wurzeloberfläche zu schaffen. Die Innenkühlung mit 65 bis 75 ml pro Minute verhindert ein Verkochen des parodontalen Gewebes. Sirona bietet noch eine zusätzliche Spitze zur Implantatreinigung, die sehr gut auch an Veneers oder Metallke-ramiken eingesetzt werden kann, ohne die Oberflächen zu zerkratzen. Weitere Anwendungsgebiete sind die Endodontie, die retrograde Wurzelspitzenresektion, Mikropräparationen sowie die Füllungsthera-pie.

Das PerioScan verfügt über zwei Kunststofftanks für Spülflüssigkei-ten, so dass unter anderem chlorhexidinhaltige (CHX) Spüllösungen im Wechsel mit Wasser zum Einsatz kommen können. Der Nutzen des Einsatzes dieser Spüllösungen wird von verschiedenen Referen-ten allerdings kontrovers diskutiert, so dass es jedem selbst überlas-sen ist, diese einzusetzen. Das Reinigen und Nachfüllen der Tanks geht denkbar einfach und schnell.

Lasereinsatz zur Keimreduktion

Unterstützend wenden wir bei uns in der Praxis den SIROLaser Advance an, einen Diodenlaser, der mit einer Wellenlänge von 970 nm arbeitet. Den Laser nutzen wir vor allem für notwendige Exzisio-nen zum Beispiel von Gingivahyperplasien, setzen ihn aber auch zur Keimreduktion ein, um so möglichst schnell wieder gesundes Attachment zu erreichen.

Zur Keimreduktion verwenden wir das voreingestellte Therapiepro-gramm mit einer gepulsten Leistung von 1,5 Watt. Die einzelnen Zähne werden mit der Faser des Lasergeräts drei bis vier Mal umfah-ren. Die tieferen Taschen werden mäanderförmig ausgestrichen. Wichtig sind das Ansetzen der Faser parallel zur Zahnoberfläche und das Vermeiden des Verweilens auf einer Stelle, um zu verhindern, dass Gewebe geschädigt wird.

Der SIROLaser Advance kommt in unserer Praxis auch vor der Wur-zelfüllung bei marktoten Zähnen zum Einsatz – ebenfalls zur Keimre-duktion. Auch zum Entfernen von Fibromen oder Hämangiomen set-zen wir ihn häufig ein. Da das Gewebe nach Laserexzisionen nicht blutet, kann direkt nach einer Zahnfreilegung ein Bracket geklebt werden.

Sowohl das PerioScan als auch der SIROLaser Advance zeichnen sich durch eine intuitive Bedienung aus und verlangen vom Behandler keine umständlichen Programmierungen. Zusätzlich lassen sich beim Laser persönliche Favoriten einfach und schnell erstellen. Der Wartungs- und Reinigungsaufwand bei beiden Geräten ist gering. Ultraschallscaler und Diodenlaser sind handlich und haben ein ansprechendes zeitgemäßes Design.

Schmerzfrei bei der Nachkontrolle

Unser Patient jedenfalls hat das Scaling und Root Planing bestens überstanden – im Sinne der Full Mouth Disinfection nach Quirinen betrug der Behandlungszeitraum rund 24 Stunden. Bei der ersten Nachkontrolle nach einem Tag hatte der Patient keine Schmerzen mehr.

Bei der Kontrolle nach einer Woche wendeten wir zusätzlich ein-prozentiges CHX–Gel an, welches wir mehrfach in die Taschen ein-brachten, wo es dann unter Kontrolle (Cave: Verschlucken) für zehn Minuten wirkte. Das Gel verwendete der Patient zwischenzeitlich auch nach jedem Zähneputzen und bürstete damit Zunge und Zähne. Der Heilungsverlauf war sehr günstig. Keine Tasche musste in den ersten zwei Wochen nach Scaling und Root Planing nachbehandelt werden.

Bei der kürzlich erfolgten Reevaluation zeigten sich bereits deutlich reduzierte Taschentiefen und auch neues Attachment (siehe PA-Status Reevaluation). Bei fünf Zähnen habe ich nachinstrumentiert, da dort noch leichtes Bluten beim Sondieren festzustellen war.

Der API hat sich im Vergleich zur Vorbehandlung noch leicht verbes-sert und es blieb bisher auch beim Vorsatz nur eine Zigarette am Abend zu rauchen.

Ausblick

Sollte der Behandlungsverlauf problemlos bleiben, wird der Patient in die unterstützende PA-Behandlung entlassen. Trotzdem überprüfen wir kontinuierlich, ob eine Lappen-OP zum Beispiel im OK/UK Molarenbereich notwendig ist, sollten sich wieder Blutungen zeigen. Das Ziel ist der dauerhafte Erhalt des gesundeten Attachments.